Jana Reich an der Deutschen Schülerakademie

Das Programm der Deutschen Schülerakademie richtet sich an Schülerinnen und Schüler der Oberstufe, die sehr leistungsfähig, motiviert und offen für Neues sind und breit gefächerte Interessen haben. Die Platzvergabe erfolgt nach einem Schulvorschlag, Selbstvorschlag oder gutem Abschneiden bei Wettbewerben, wie beispielsweise der Mathematik-Olympiade. Ich war also sehr glücklich, als ich von Herrn Pallesche angesprochen wurde, ob ich mir eine Teilnahme vorstellen könne. Doch meine Hoffnung auf eine Zusage war nicht groß, da die Aufnahmequote in den letzten Jahren bei ca. 35% lag. Umso größer war die Freude, als dann doch eine Zusage in mein Email-Postfach flatterte.

 Am 4. August war endlich der Tag da, an dem es für 17 Tage nach Clemenswerth (Niedersachsen) zur Deutschen Schülerakademie ging.

Um 9 Uhr ging es los. Ich hatte eine lange Zugfahrt vor mir, also auch viel Zeit, darüber nachzudenken, was mich erwarten würde. Einerseits freute ich mich darauf, Gleichgesinnte zu treffen, die Spaß am Lernen haben und motiviert sind, sich in komplexe Themen hineinzudenken. Andererseits hatte ich aber auch Angst, dass ich nicht in dieses Programm passe und überall nur Hochbegabte herumlaufen und ich mich unglaublich dumm fühlen würde. Doch je näher ich meinem Ziel Clemenswerth kam, umso kleiner wurde die Angst. Denn schon im Zug traf ich andere Jugendliche mit dem gleichen Ziel und gleichen Ängsten. Spätestens nach dem ersten Akademie-Tag war klar, jegliche Angst war unbegründet und eine der coolsten zweieinhalb Wochen standen mir bevor.

Mein typischer Akademie-Tag beginnt mit einem sehr übermüdeten Frühstück und anschließendem Plenum, in dem der Tagesablauf mehr oder minder geklärt und dafür gesorgt wird, dass wir auch noch Nachrichten aus der Außenwelt mitbekommen. Anschließend findet bis zum Mittagessen der Kursunterricht statt. In meinem Fall der Kurs "2.1 Von Brücken, Wegen und Knoten - anschauliche Darstellungen der Graphentheorie selbst herstellen". Nach dem Mittagessen fand der Chor statt, dann die Kaffepause und anschließend nochmal zwei Stunden Kurs bis zum Abendessen. Doch jetzt fängt der Akademie Tag eigentlich erst richtig an. Ab jetzt beginnen die Kurs übergreifenden Aktivitäten (KüAs). Von Impro-Theater über Hallenhockey und nächtliche Back-Sessions bis Sterne gucken auf dem Dach oder gemeinsames Singen am Lagerfeuer war alles dabei. Das Bett wurde in den meisten Fällen erst gegen zwei Uhr morgens erreicht. Gegen Ende der Akademie hat jedoch kaum mehr jemand länger als drei Stunden pro Nacht geschlafen, da es so viele tolle Projekte, Diskussionen oder KüAs gab, die eben aufgrund des straffen Zeitplans nur noch nachts stattfinden konnten. Genau das ist auch der Grund, weshalb sich ein Tag auf der DSA wie eine ganze Woche anfühlt. Erst auf der DSA habe ich gemerkt, wie viel im Grunde in einen einzigen Tag passt, wenn man ihn (durch-)plant. Das Tolle an der Akademie ist, dass man zu nichts gezwungen wird; alle lernen, weil sie das gerne möchten. Dementsprechend ist die Atmosphäre auch ganz anders als in der Schule. Die Kursleiter haben viel mehr Zeit für die einzelnen Teilnehmer; so können Fragen und Denkansätze viel individueller und ausführlicher besprochen werden. Gut gefallen hat mir auch, dass der Kurs immer an die Interessen der Teilnehmenden angepasst wurde und wir mit jeder Frage die Richtung des Kurses lenken konnten.

In der ersten Woche ging es in meinem Kurs um die Erarbeitung der mathematischen Grundlagen der Graphentheorie, mit Hilfe von im Voraus selbst erstellten Präsentationen und anschließenden Aufgaben. Dadurch, dass die Aufgaben in Kleingruppen erledigt wurden, waren auch zunächst sehr anspruchsvolle Aufgaben gut zu lösen. Positiv hat mich auch überrascht, wie gut das Lernen voneinander unter den Teilnehmenden funktioniert. Bei der anschließenden Diskussion der verschiedenen Aufgaben (meist Beweise irgendwelcher Sätze) kamen wir zu vielen interessanten Erkenntnissen. Die zweite Hälfte des Kurses bestand darin, eine eigene künstlerische Veranschaulichung der Graphentheorie zu erstellen. Mein erstes Kunstprojekt war ein Programm in Processing, es heißt "Strobo Mandalas". Das Programm erzeugt ständig neue vollständige Graphen mit Eckenanzahlen zwischen 25 und 65. Die Kanten des Graphen werden bei jeder neuen Darstellung zufällig eingefärbt, analog wird auch der Hintergrund jedes Mal neu gefärbt. Komplettiert wird das Ganze durch ebenfalls zufällig abgespielte "Plopp-Geräusche" aus der C-Dur-Tonleiter. Die Darstellungen sind jeweils nur einige Zehntel Sekunden zu sehen, was auch den stroboskopischen Effekt ausmacht. Mein zweites Projekt war das "Graph-Schaf". Es besteht aus einer Triangulierung eines Schafes und dem daraus entstandenen planaren Graphen, dessen Gebiete so eingefärbt wurden, dass das Schaf plastisch erscheint. Eben dieses Schaf war auch der Grund für zwei fast schlaflose Nächte am Ende der Akademie, da ich die Zeit, die ich für dieses Projekt brauchte, maßlos unterschätzt hatte. Als ich am Ende vor den fertigen Ergebnissen stand, war ich dann aber doch sehr zufrieden und es hatte mir sehr viel Spaß gemacht.

Der letzte Bestandteil des Kurses war das Schreiben einer Dokumentation über den Inhalt des Kurses. Dies sollte, in unserem Kurs, mit dem Textsatz-System LaTeX erledigt werden. Das hört sich irgendwie ziemlich anstrengend und langweilig an, hat aber doch auch Spaß gemacht, weil sich das Ergebnis am Ende echt sehen lassen konnte und wir durch mehrere sehr ausführliche Feedbackrunden viel über korrektes wissenschaftliches Schreiben und Arbeiten lernten. Dazu kommt, dass die Doku später auch noch eine ziemlich coole Erinnerung an die Akademie-Zeit ist.

Unglaublich war auch, wie schnell man neue Freundschaften schließen kann. Nach den zweieinhalb Wochen Akademie hatten wir alle das Gefühl, uns schon ewig zu kennen.

Doch dann kam der Abreisetag - gerade als es am schönsten war. Ein letztes Mal ins Plenum, ein letztes kurzes Treffen im Kurs und dann: Verabschiedung. Die letzten Stunden der Akademie haben wir alle nur mit weinen und traurig sein verbracht, weil uns langsam klar wurde, dass unsere Zeit auf der Akademie jetzt endgültig vorbei ist und wir uns jetzt voneinander verabschieden mussten. Aber man soll ja gehen, wenn es am schönsten ist... Vielleicht war es ja gerade jetzt genau richtig. Wir haben uns im Kurs auf jeden Fall schon zu einem Treffen in einem halben Jahr verabredet.

Ich habe mich sehr schwer getan, in diesem Text die Akademie zu beschreiben. Ich glaube,  das ist auch gar nicht möglich in so einem Text, weil die Akademie etwas ganz Einmaliges und Besonderes ist und es jeden Tag so viele unbeschreiblich schöne Momente gab. Nach den 17 Tagen Akademie kann ich sagen, dass sie mir, gerade jetzt nach der Corona-Zeit, echt gutgetan hat. Es war eine super Erfahrung, mit so vielen engagierten Gleichaltrigen zusammen zu leben, zu lernen und neue Freundschaften zu schließen. Dafür bin ich sehr dankbar. Auf der Akademie herrschte eine ganz besondere, fast schon magische Atmosphäre, die ich hier zuhause sehr vermisse.

Jana Reich (J2)

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